2008
Wenn Manager dem Christkind das Licht ausdrehen
Schwarze Elf in stiller und lauter Trauer um die weihnachtliche Stimmung im Land
SCHWEINFURT · Es sei wie bei den Narren, denn die Schwarze Elf sei genauso reinrassig schwarz wie Angela Merkel ein engelsgleiches Wesen. Ordentlich Bescheid gab Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, als er mit seinem launig-deftigen Trinkspruch am Freitagabend die Herausforderung der Schwarzen Elf konterte, der Vorname seiner Chefin leite sich von dem lateinischen Wort für „Engel“ ab. Und nicht erst da tobte der Saal, fast, wie es das Motto 2008 der Kolping-Narren fordert.
„Da dopt der Saal“ lautete zu „Ehren“ von Radfahrern und anderen „Spitzen“-Sportlern der Wahlspruch in der Stadthalle, wo die Faschingsgesellschaft zu ihren drei ersten von wiederum neun Prunksitzungen begrüßte. Die Stadtpfeifer eröffneten eine durchweg kurzweilige, von vieldeutigen Bemerkungen nur so gespickte Veranstaltung, die dank eines neuen, 20 Zentimeter hohen Podestes, auch von den „Hinterbänklern“ im Saal besser als früher verfolgt werden konnte.
Neben sportlichen Aktivitäten spielte das eben erst vergangene Christfest eine gewichtige Rolle im Spiel der Schwarzen Elf, die es einfach nicht wahrhaben wollte, dass weihnachtliches Denken und Handeln beendet sei. So schleppte das neue Komik-Duo, Thomas Spath und Manfred Göbel, den „geklauten Christbaum von 2007“ über die Bühne, und indem er unentwegt Weihnachtslieder sang, machte Peter Kuhn deutlich, was alles sehr besinnlich sei. Gleich mit mehreren Erfolgs-Leitern trat Helmuth Backhaus vor sein Publikum. In höchster Höhe räumte er das Letzte ab, was an Weihnachten erinnert, und hatte sich dafür vom einfachen Hausmeister zum „Facility-Manager“ befördern lassen. Wie die anderen Manager drehte dieser sämtliche Birnen heraus, indem er die größten Leuchten entließ, seine Firma an die Wand fuhr und sich mit einer dicken Abfindung verabschiedete. Über die Lokführer wusste Backhaus, dass sie ein Leben in vollen Zügen genießen wollten, ihr Handeln aber nur tauge, um Journalisten recht viel Stoff zu bieten. Und natürlich hatte der Jahres-Protokollant auch zum Thema „sehr späte Mütter“ eine sehr spitze Zunge: „Die brauchen keine Gehhilfe, denn sie halten sich am Kinderwagen fest.“
Mit kräftigem Applaus bedankte sich das Publikum für die Darbietungen der Gast-Garde auf der Premieren-Sitzung, des „RCV Schwarz Weiß Roth“. Nicht nur mit einem flotten Marschtanz und ihrem Schautanz „El Zorro“ gefielen die Mittelfranken, sondern auch mit perfektem Einzel-Tanz. Denn mit Sarah Meyer sowie der Anwärterin auf die süddeutsche Meisterschaft, Conny Weishäupl, zeigten zwei Tanzmariechen beeindruckendes Können, „flogen“ über die Bühne, als gäbe es keine Schwerkraft und als wäre ihr Körper aus Gummi.
Richtig starke Typen
Die Turner der Schwarzen Elf standen in nichts nach. Bei einem „Wohnungs-Umzug“ präsentierten sie sich als richtig starke Typen, trugen Stühle mit den Füßen, benutzten ihre Damen zum Bau von T-Trägern und glänzten mit den phantasievollsten und gewagtesten Hebe-Figuren. „Nur Ungedopte schleppen wie die Deppen“? Wenn dieser Spruch auf den Umzugs-Kartons nicht das Eingeständnis war, dass Leute für so viel Energie eben doch ein bisschen nachhelfen müssen!
Sein Haar sei sichtlich gewachsen, betonte „der Trompeter“ Jonas Paul, denn als nunmehr 14-jähriger wolle er sich darin üben, bei Frauen als ein „Mann für alle Fälle“ ganz toll anzukommen. Klar, dass der Bütten-Senkrechtstarter von 2007 die tollsten Stimmungslieder parat hatte, mit gekonntem Spiel „ein bisschen Spaß muss sein“ intonierte oder auch zwecks Überwältigung von Einbrechern „die Hände zum Himmel“ schickte. Ein Schunkler mit der Sitzungskapelle „Quartetto“ brachte auch das Publikum musikalisch und bewegungstechnisch auf Vordermann, ehe „der Junglehrer“ Fabian Wahler als Faulpelz in Erscheinung trat. Sehr humorvoll erklärte er den August zum wichtigsten Monat in seinem Beruf und stellte klar, warum für ihn einzig die Berufsschule als Einsatzort in Frage kommt: „Dort hat man den Stoff von der Hauptschule und die Kohle vom Gymnasium!“
„Theo, wir fahr'n nach Lodz“, spielte die Musik zum Auftritt der Tanzgruppe, deren mehr als 60 kleine, größere und erwachsene Mitglieder unter dem Thema „Willkommen in Europa“ einen Beitrag zu den beiden Osterweiterungen der EU lieferten. Egal, ob Polen, Rumänien oder Ungarn: Immer bestach die Truppe mit stilechten Kostümen, bewegte sich bei traditionellen ebenso wie modernen Tänzen dieser Staaten. Als allerdings Chinesen in den Saal kamen, da war der europäische Zug wohl doch ein bisschen zu weit in Richtung Olympia 2008 abgefahren.
Weihnachtsmann im Fasching
Im roten Kittel und mit langem, weißem Rauschebart: So kam Peter Kuhn in den Saal, denn wenn es im September Lebkuchen gebe und im Januar Osterhasen, dann könne er die Narretei auch als ein erst nach Dreikönig auftretender Santa Claus vervollständigen. Getreu dem auch faschingstauglichen Satz „Lasst uns froh und munter sein“ brachte dieser Weihnachtsmann seine Zuhörer zur Besinnung, ließ „süßer die Kassen nie klingen, – als in der heutigen Zeit“. An den Pranger stellte er, dass von hohen Steuer-Einnahmen nur Steinbrück profitiere und Wohlstand allein bei den Großen ankomme. Und in scharfem Ton versicherte der Redner, dass man Politiker garantiert mit nichts beschenken müsse; weil diese der Meinung seien, dass ihnen nichts geschenkt werde und sich deshalb mit überdimensionalen Diäten selbst beschenkten. Bedrückend fand Peter Kuhn, dass auch für Weihnachtsmänner die Lebensarbeitszeit auf „100 plus“ angehoben worden sei. Wo doch Erfahrung längst nicht mehr als Kapital gelte und nach dem Motto „kling, Zaster, klingelingeling“ die Menschen haufenweise entlassen würden, „nur, damit der Rubel rollt“.
Ebenfalls „Happy Xmas“ feierten die beiden Ulknudeln Thomas Spath und Manfred Göbel. Lange, nachdem sie sich aus den Augen verloren hatten und kurz nach dem großen Fest trafen sich diese beiden „Freunde“, strapazierten das Zwerchfell ihrer Zuhörer nicht nur mit der Weihnachtsgans vom Bio-Bauern, die sie selbst zu fangen hatten. – Im Petticoat und mit roten Rattenschwänzen agierte das Männerballett der Schwarzen Elf. Erstaunlich durchtrainiert zeigten sich diese „Damen“, die beim Auftritt mit Elvis Presley in die Hoch-Zeit des Rock'n Roll entführten. Zum wahrhaft weltmeisterlichen Sport der Damen-Fußballer äußerte sich „Fußball-Frau“ Doris Paul. Natürlich nicht, ohne den Männern „ihr Fett ab“ zu geben und die große Leistung des Frauen-Fußball mit so mancher anderen „Leistung“ einer Frau zu verbinden: „Wir Damen sind ganz ohne Pfunde, kompetent für alles Runde! Und mit Leder, ohne Graus, kennt sich nicht nur die Pauli aus!“
Was rechtzeitig zur Stadtratswahl in Schweinfurt alles neu gebaut oder hergerichtet worden sei, berichtete das Duo „Stasi und Blasi“ alias Sitzungspräsident Ludwig Paul und Adi Schön. Vom neuen Zollamt, dem Ebracher Hof und der Stadtbücherei war da die Rede, und natürlich von der aufgerüsteten Stadtmauer, zu der am Bürgerfest-Montag nur deshalb so viele gekommen seien, „weil sie sicher sein wollten, dass der Stoiber wirklich aufhört“. Und selbstverständlich spotteten die beiden über den fehlenden Grundstein am Sachs-Bad und darüber, dass im Finanzamt nur deshalb unnötig eine Klima-Anlage eingebaut sei, weil das Gesundheitsamt für Schlafzimmer höchstens 18 Grad empfehle.
Wer bis dahin noch nicht genügend gelacht hatte, durfte es noch einmal ausgiebig bei den „Faschingsmuffeln“ tun. Auf Empfehlung durch die Tunesier waren diese „Sportler“ aus dem Zwergstaat „Muffelonien“ ins Trainingslager nach Schweinfurt gekommen, um die Sommerspiele von Peking, aber auch einen Besuch beim chinesischen Sportminister „Do Ping“ sowie beim Unterhaltungsminister „Fa Sching“ vorzubereiten. Der Unterschied zwischen Spitzensport, Breitensport und Rittersport wurde da endlich deutlich; und gäbe es einen Preis für Faschings-Nonsens in Reinkultur, dann hätten ihn die aufgeputschten „Schwimmerinnen“, Anna Blocker und Beta Bolika, verdient. Was komische Optik anbetrifft, schossen sie den Vogel ab, als Höhepunkt eines schönen Abends, der traditionell mit dem furiosen instrumentalen „Rausschmiss“ durch die „Sunnyboys vom Baggersee“ sein Ende fand.
© Eva Landgraf
Quelle: Volkszeitung Schweinfurt