2008
„Unerreicht in dieser Form!“
Der Star der Schwarzen Elf Peter Kuhn gab Einblick, wie eine Büttenrede entsteht
Es ist ein lauer Sommerabend, typisches Grillabendwetter, vielleicht gibt es später noch ein Sommergewitter. In seinem Arbeitszimmer in Oberwerrn sitzt stirnrunzelnd Peter Kuhn, kaut nervös auf seinem Bleistift, macht Notizen auf einem Schmierzettel, zerknüllt ihn, entfaltet ihn wieder. Aufgeschlagene Bücher stapeln sich neben ihm. Die Wanduhr zeigt halb Zehn.
So stellt sich Otto-Normal-Verbraucher wohl vor, dass eine Büttenrede entsteht.„Nein“, lacht Peter Kuhn bei seinem Vortrag „Aus dem Nähkästchen“ vor der Kolpingsfamilie Schweinfurt, wo er ein paar Einblicke in seine Arbeit gab. „Ich beginne mit der Rede etwa 14 Tage vorher. Dann werden es aber mitunter harte Nächte!“
Eine gute Bütt solle 200 Zeilen lang sein, erklärt Kuhn. Eine Zahl, die der preisgekrönte Büttenredner selber regelmäßig überschreitet, wie er einräumt. Das Reimen selber ist Kuhns gottgegebenes Talent, was zu erahnen war. Wenig geht er in seinem Vortag folglich darauf ein. „Der kreative Prozess selber ist es die Figur und die Themen zusammenzubringen“, meint er. Ob Postbote, Golfer, Vampir, Scheich oder Tunte - Kuhn ist schon erfolgreich in viele Rollen geschlüpft. Das Wichtigste, sei der eigene Standpunkt und dass dieser konsequent durchgehalten werde. Das verdeutlicht der gelernte Erzieher anhand eines kleinen Witzes. Ein Gast ruft den Kellner: „Herr Ober, in meiner Suppe schwimmt eine Fliege!“ Der Ober schaut kurz. „Nicht mehr lange. Sehen sie die Spinne am Tellerrand?!“, antwortet er.
Ein Witz, der immer auf eine andere Weise witzig ist, je nachdem, ob man ihn aus Sicht des Gastes, des Obers oder der Fliege erzählt. Schlechte Büttenredner wechselten oft die Sichtweise, meint Kuhn. Zudem macht es einen Unterschied, ob das Publikum mit oder über den Redner lache. Wischiwaschi solle eine politische Büttenrede nämlich nicht sein.
Wo steht Peter Kuhn politisch selber? „Ich mag nur die Extremen nicht. Sowohl die extreme Linke, wie die extreme Rechte“, lüftet Kuhn seinen Zuhörern von der Schwarzen Elf das Geheimnis. Ansonsten finde er einige Dinge gut, die die Union mache, ebenso auch manches der SPD. Ein Netzwerk an Zuträgern für seine Reden unterhalte er nicht. Seine 18 Büttenreden seien „komplett Eigenbau.“ Für die Themenwahl zieht er die Jahresrückblicke im Spiegel und der Volkszeitung als Stütze heran. Duden, Pointenbuch und Lexikas sind weitere Hilfsmittel. „Die Themen, die reinsollen und die reinmüssen, sind oft andere als die, die ich rein haben will“, schmunzelt Kuhn. Die Auswahl sei ein schmerzhafter Prozess; die Länge der Kampagne und die Aktualität der Themen wichtige Auswahlkriterien.
Wie fängt man gute eine Büttenrede an? Das „Helau, Grüß Gott und guten Abend“ ist Kuhns ureigenstes Markenzeichen. Ein markanter Erkennungssatz, der aber schwierig zu reimen ist. „Da tut man sich schwer“, verweist Kuhn, der jede seiner 18 Reden traditionell so beginnt, auf manch verzwickte Reimkonstruktion. Erkennungssatz und Figur müssen sich zudem noch decken. Eine Herausforderung, besonders etwa als er 2001 als Punker in die Bütt trat.
In seinen 18 Jahren als Büttenredner war der Star von Fasnacht in Franken Kuhn im ganzen Bundesgebiet unterwegs, auch ein durchwachsener Ausflug zum Düsseldorfer Karneval war dabei. 603-mal stand der 45-jährige bis dato in der Bütt. Von Veitshöchheim, über Wiesbaden bis Stuttgart hat er seine Zuhörer begeistert. Die Unterfranken sind das lebendigste Volk in Franken, lautet Kuhns Resüme. Am Ende verteilt er noch ein wenig Seelenbalsam für seine Faschingsgesellschaft Schwarze Elf: „Man muss nur mal auswärts gehen, um zu sehen, was man an der Schwarzen Elf hat. Vom Niveau und der Professionalität her seid ihr unerreicht in dieser Form!“
© Christopher Richter